Sonntag, August 06, 2006

j(ihad) W(elt)
Die Hizbollah als „lebendigsten Teils der libanesischen Demokratie“ zu bezeichnen, das ist schon fast lustig. Ist aber nicht lustig gemeint von Werner Pirker, der dies schreibt in der letzten Zeitung, die das „daß“ beibehält und sich der Rechtschreibung weiterhin ebenso tapfer entgegenstellt wie der Vernunft. So kann sie zumindest sprachlich ein bisschen „nationalen Widerstand“ üben, den sie sonst täglich von Irakern, Palästinensern, serbischen und slowakischen Faschos und Hizbollah-Jihadisten fordert.

Es geht über meine Kapazitäten, täglich den neuesten Nazi-Scheiß aus der jungen Welt aufzuführen und zu kommentieren. Das ist ein Fass ohne Boden. Ich frage mich nur noch, wie es sein kann, dass fast alle linken und Antifa-Gruppen die junge Welt verlinken, viele mit ihr Zusammenarbeiten und die von mir durchaus geschätzte anarchistische Graswurzelrevolution Anzeigen der jW abdruckt.

Wer nicht bereit ist, eine Grenze zu Jihadisten zu ziehen, bzw. eben zu einem Blatt, dass sich offen hinter den Jihadismus stellt, dass die patriotische Allianz von Nationalisten, Linken und Islamkriegern gegen Israel fordert - ich weiß nicht, liegt das an mir, dass mir das unbegreiflich ist?

Auch wenn ich immer wusste, dass es richtig war, dass wir 1997 diesen nationalbolschewistischen Haufen bei der jungen Welt verlassen (und dann die Jungle World gegründet) haben – aber wenn ich mir vorstelle, dass ich mit Pirker einmal zusammengearbeitet habe, dass wir während des Streiks 1997 dafür gekämpft haben, dass es ZUSAMMEN weitergeht, dann muss ich Pirker und den Stasi-Putschisten von damals echt dankbar sein, dass sie den Bruch vorangetrieben haben.

Auch jetzt sind es wieder die steinzeitkommunistischen Antiimps, die den Bruch forcieren und die „radikale“ Linke quatscht brav und tolerant von Pluralismus – wie wir damals. Jürgen Elsässer fordert den Bruch der Linken mit der Antifa (jedenfalls mit dem, was alle Antifas, die ich kenne, unter Antifa verstehen) und beschwört stattdessen das Bündnis mit Nazis. Pirker war immer schon gegen Antifa und wirbt für den islamischen Terrorismus – und die Antifa? Och, „zusammen kämpfen“ ist doch schön... Ich kann, siehe 1997, nachvollziehen, dass man sich schwer tut, Brüche zu vollziehen, aber, Leute, wenn die es Euch sagen, wenn die den Bruch erklären, wenn die sich von Euch verabschieden, dann, auch das habe ich gelernt, ist es wirklich allerallerhöchste Eisenbahn!

4 Comments:

At 7:41 PM, Blogger kuutio said...

Wäre die "junge Welt" eine Monatszeitung würde sie keiner lesen. Auf dem Tageszeitungsmarkt ist sie für viele Linke nun mal leider die einzige "lesbare" (wenn an manchen auch eher begrenzt und mit Brechreiz) Tageszeitung. Als Alternative bieten sich ja eigentlich dann nur noch "Neues Deutschland" oder "taz" an. "Neues Deutschland" will, glaube ich, keiner auf Grund der penetranten Linksparteinähe lesen und die "taz" dürfte inzwischen soweit in der Mitte angekommen sein, dass sie kaum noch ein Forum für Antifagruppen ist (und zudem geht mir persönlich die penetrante Grünenberichterstattung auf den Keks, auch wenn ich in dem Verein Mitglied bin). Da die "junge Welt" in der linken "Szene" so einen hohen Erreichbarkeitswert hat, schalten da dann eben auch Zeitungen wie die Graswurzelrevolution Anzeigen (und nehmen im Gegenzug dann welche von "jungen Welt" ins Heft). Vielleicht solltet ihr aus der "Jungle World" einfach eine Tageszeitung machen, um die "junge Welt" erfolgreich zu verdrängen. ;)

 
At 7:53 PM, Blogger Ivo Bozic said...

@tobiedl: nur kurz zum letzten punkt: erfolgreich verdrängen würden wir die sicher nicht. mit ihrem rechts wie links und mitte anknüpfendem antiamerikanismus hat die junge welt zu recht eine viel größere zielgruppe. sie ist eben mitten im deutschen mainstream. hm, deshalb kannst du eigentlich sehr wohl auch eine andere mainstream-zeitung lesen, oder? aber is dein ding, ich will hier niemanden bekehren...

 
At 8:19 PM, Blogger kuutio said...

Sicher hast du nicht unrecht, die anderen "Mainstreamzeitungen" formulieren es nur "netter", sagen unterm Strich leider aber das gleiche. Ich bin genausowenig ein Freund von diesem Blatt wie ich Kommunist oder Sozialist bin (und ich Frage sowieso ob ich als Grüner noch in die linke Ecke gehöre, "Jungle World" lese ich unregelmäßig zur Bewusstseinserweiterung..). Im Abo gibts bei mir im Übrigen eine regionale Tageszeitung.

 
At 9:20 AM, Blogger Julius Firefly said...

Ein Faß ohne Boden (sorry, alte Rechtschreibung - nicht als revolutionärer Akt, sondern aus Faulheit) mag es wohl sein, doch ist es sicherlich erbaulich, wenn die schlimmsten Sachen nicht gänzlich unkommentiert bleiben oder blieben (dieser Artikel von Jürgen "Ich war schon immer Lafontaine-Fan" Elsässer war hier leider nur verlinkt). Deshalb: nur Mut, weiter so.

@sirneg: Scheint so, als wäre die Jungle World eben nicht steinhart auf Linie - der derbste Unfug wird außen vor gelassen (dafür gibt's ja die jW), ansonsten ist Platz für Disko. War schon immer so, und das ist auch gut.

 

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