Donnerstag, Juli 27, 2006

Deutschlands Pazifismus
Es gibt viele gute, ja ausgesprochen gute Gründe, gegen eine Beteiligung deutscher Truppen an einem Uno- und/oder Nato-Einsatz im Südlibanon zu sein. Sehr schön zusammengefasst z.B. bei Lizas Welt. Es gibt viele vernünftige Menschen, die sich aus sehr vernünftigen Gründen gegen einen solchen Einsatz aussprechen. Z.B. der Zentralrat der Juden in Deutschland. Ich teile das alles.

Es gibt aber auch sehr unvernünftige Menschen, die sich aus unvernünftigen Gründen gegen eine Beteiligung Deutschlands aussprechen. Und ich seh’ schon die Friedensbewegung, wie sie gegen den Bundeswehreinsatz Sturm läuft. Die antiisraelische Argumentation dazu höre ich auch schon, und dass man das Leben unserer Soldaten ausgerechnet in den Dienst des Aggressors des ganzen Schlamassels stellt, das ganze womöglich schön zynisch vermischt mit Argumenten über die spezifisch deutsche Geschichte und den Lehren daraus usw. Uahh! Ich verweise noch mal darauf, dass in Berlin bei der Abschlusskundgebung einer "Friedensdemo" genannten Anti-Israel-Demo, wo neben Hizbollah- Unmengen von Deutschland-Fahnen wehten, ein Kinderchor die deutsche Nationalhymne sang…

Und in der Tat stellt sich die Frage, was schlimmer wäre: wenn Deutschland mit Soldaten an der Grenze zu Israel patrouilliert - oder wenn Deutschland sich einem internationalen Einsatz im Südlibanon zum Schutz der israelischen Bevölkerung verweigert?

Und nächste Frage: Was wiegt schlimmer: Wenn Deutschland mit einem Einsatz zum Schutz Israels sich endlich vollständig als moralisch rehabilitiert ansehen würde und sich damit abschließend „normalisiert“, von der „historischen Last“ befreit fühlt – oder wenn Deutschland, womöglich mit ähnlich pseudo-pazifistischer, in Wirklichkeit antiamerikanischer Begründung wie beim Irak sich einem internationalen Bündnis verweigert und sich bewusst nicht auf die Seite Israels stellt?

Daran anschließend, zugespitzt: Wenn die Normalisierung der Rolle Deutschlands am Ende tatsächlich bedeuten würde, dass die BRD Israel verteidigt, wäre das dann nicht eine „Normalisierung“, sagen wir besser Entwicklung, die die beste denkbare wäre?

Und noch eine Frage: Auch wenn man grundsätzlich gegen jeden Bundeswehreinsatz Deutschlands ist, gegen die Bundeswehr und Deutschland an sich, ist es nicht vielleicht doch so, dass wenn es einen einzigen legitimen oder verpflichtenden Einsatz gäbe für deutsche Soldaten, dann, dass sie das Land der Opfer des Holocausts vor den Attacken vernichtungswilliger Judenfeinde schützen?

Sicher, es wären verschiedene Bedingungen notwendig:
- z.B. dass Deutschland seine Appeasement-Politik gegenüber den Feinden Israels einstellt, seine ausgesprochen guten Wirtschaftsbeziehungen zum Iran usw.usf.
- und vor allem, dass die internationale Truppe tatsächlich nur im Libanon operiert und keinesfalls in Israel, und dass sie den eindeutigen Auftrag zum Schutz Israels vor Angriffen der Hizbollah und für deren Entwaffnung hat, bzw. für die Unterstützung der libanesischen Armee in diesen Fragen.

Dass diese Bedingungen erfüllt werden, darf bezweifelt werden…
Aber die Frage nach einer deutschen Beteiligung ist zweitrangig. Die wichtigere Frage ist, ob so ein Uno-/Nato-Einsatz überhaupt wünschenswert ist - obwohl Israel dem wohl inzwischen positiv gegenübersteht. Und da gibt es erhebliche Zweifel und Gefahren, wie Richard Herzinger in seinem Blog erklärt.
Außerdem bedeutet dies zumindest indirekt die Infragestellung des israelischen Anspruchs, sich selbst zu verteidigen, der historisch begründet und absolut zentral für Israels Identität und Existenz ist.

Allerdings stellt sich auch die Frage nach den Alternativen. Die Wieder-Besetzung der Sicherheitszone im Südlibanon durch Israel? Ein Rückzug, ohne nachhaltige Konsequenzen und eine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg? Wohl kaum.

Das sind zunächst mal nur Fragen, keine rhetorischen, auch wenn es so klingen mag. Es ist nur so, ich mag keine vorschnellen Antworten, bevor die Fragen überhaupt gestellt wurden. Jetzt könnt Ihr das alles meinetwegen niedermachen...