Donnerstag, Juni 08, 2006

Rossmann ist sauber
Centaur ist der Name des Kundenmagazins der Drogeriekette Rossmann. Seit dem März 2002 wird das Heftchen alle zwei Monate kostenlos in den Filialen ausgelegt. Mit einer Auflage von 500.000 Stück sollen die Kunden vor allem über das Sortiment der Drogeriekette informiert werden. Seit Dezember 2005 ist Centaur „die erste anglizismen- und denglischfreie Kundenzeitschrift Deutschlands“.

Chefredakteur Stephan-Thomas Klose, der auch für die Öffentlichkeitsarbeit von Rossmann verantwortlich ist, erklärte dazu: „Gemeinsam mit dem Verein Deutsche Sprache e. V. (VDS) hat es sich die Centaur-Redaktion zum Ziel gesetzt, in allen redaktionellen Texten der Kundenzeitschrift Anglizismen und denglische Wortschöpfung vollständig zu vermeiden. Ausgenommen bleiben englische Produktnamen in Produktbeschreibungen und Anzeigen.“

Um das zu erreichen, ist man eine ungewöhnliche Kooperation eingegangen: „Für Rossmann hat sich die VDS-Region Hannover jetzt bereit erklärt, jede Ausgabe des Centaur vor Erscheinen auf vermeidbare Anglizismen zu überprüfen. Alle beanstandeten Ausdrücke und Wörter werden nach dem 'Angzismen-Index' mit Kennbuchstaben und Kennziffern markiert und bewertet. Änderungsvorschläge setzen die VDS-Prüfer wörtlich daneben. Nach Übernahme der Änderungsvorschläge darf sich der Centaur künftig im Impressum mit dem Qualitätsurteil ‚Vom VDS auf die Vermeidung von Anglizismen geprüft’ schmücken.“

Rossmann meint also, es wäre schmückend, mit dem irren Verein Deutsche Sprache zu kooperieren. Der Verein wurde 1997 vom Dortmunder Mathematik Professor Walter Krämer gegründet wurde, der, wie Alfred Schobert 2001 in der Jungle World berichtete, in der ultrarechten Zeitung Junge Freiheit über die »deutsch-englische Schimpansensprache« und das »Schimpansendeutsch der Werbung« herzog. Ob ein heimattümelndes, deutschnationales, spießig-konservatives Image für ein international arbeitendes Unternehmen wirklich eine gute Werbung ist, soll nicht mein Problem sein. Aber wenn schon Säubern, dann richtig!

Fangen wir mit dem Verlag an: Der Verlag, der den Centaur vertreibt, heißt ganz undeutsch „Journal International“ und gibt Titel heraus wie Beauty & Life, Voilà und das American-Express-Magazin Departures. Die Firmenphilosophie wird mit „tell-to-sell“ beschrieben. Der Name des Rossmann-Magazins bezieht sich auf den Pferdmensch (Ross-Mann!) der griechischen Mythologie und kommt daher aus dem griechischen „Kentauros“, bzw. dem lateinisierten „Centaurus“. Im „Impressum“ (Latein) werden fälschlicherweise "Telefon"- (lat.) -Nummern angeben, statt Fernsprechnummern. Auch die "Redaktion" (franz.), und der "Art Director" (engl.) sind nicht ordentlich gesäubert worden, ebenso wie die Rubriken "Porträt" (franz.), "Sport" (engl.), "Reportage" (franz.) "Aktuell" (franz.).

Das könnte man jetzt ewig fortsetzen, nur um zu zeigen, wie absurd allein der Gedanke ist, eine Sprache müsse vor fremden Einflüssen geschützt werden. Und das ungute Gefühl bleibt: Zuerst wird die Sprache von Fremdem gesäubert, und dann…

Nebenbei bemerkt: Als sich aus dem Konflikt in der damaligen jungen Welt heraus 1997 die Jungle World gründete, war eine der ersten Anmerkungen in der dann fortbestehenden nationalbolschewistischen jungen Welt eine Kritik an dem „englisch-amerikanischen“ Namen „Jungle World“. Mir ist daher der Zusammenhang zwischen solchen und solchen Säuberungen bestens bekannt...