Sonntag, Oktober 08, 2006

Wurst - eine Sache der Familienehre
Solche und ähnliche heroische Geschichten aus der Welt des Klein- und Mittelstands, bietet die Aktion „Mutmacher der Nation“.
Ich bin nur zufällig auf die Seite gestoßen, weil ich dachte, huch, warum äußert sich die Mutter der Nation zum Thema Stehvermögen? Es war dann aber so, dass irgendein Heini von dieser Kampagne gesagt hatte: „Es ist faszinierend zu sehen, dass sich Mut, Eigeninitiative und Stehvermögen auch heute noch auszahlen.“ Die Homepage explodiert vor lauter solchen Phrasen. „Schluss mit Jammern, es geht auch anders!“ „Deutschland braucht frische Vorbilder!“ usw. usf. Durchhalteparolen am laufenden Band.

Ziel der Aktion: Dem verzweifelten deutschen Verlierer mit Blick auf das bittere Hartz-IV-Schicksal soll schmackhaft gemacht werden, sich auch noch auf die abenteuerlichste unternehmerische Existenzgründung einzulassen. Angeblich im Dienste des Standorts. So nach dem Motto: Du hast ne Idee? Toll, nimm nen Kredit auf, und dann: einfach durchhalten und die Hoffnung nicht aufgeben! Und wer badet das dann wieder aus? Wer muss die hoch verschuldeten gescheiterten Existenzen nachher durchfüttern? Wir Hartz-IV-Empfänger, working poor Steuerzahler und anderen armen Hunde, die es immerhin schaffen, zum Wohle der Volkswirtschaft ihr Dispo nicht über die 1000 Euro-Marke steigen zu lassen.

Mut machen soll z.B. die Geschichte eines 32jährigen Mannes aus Gießen, der arbeitslos wurde: „Seine erste Idee war die Gründung eines Konzert-Ticket-Centers. ‚Diese Geschäftsidee ist leider wegen der Sabotage eines zuständigen Vertriebsmitarbeiters geplatzt’, berichtet Harbort.“ Man ahnt schon, dass die Sache zum Scheitern verurteilt ist, dass hier ein wahrer Donald Duck am Werke ist. Als nächstes kommt er auf die innovative Idee, eine Automatenvideothek zu eröffnen. Gute Idee, denn die einzige Voraussetzung für so etwas ist ja ein entsprechender Automat. Hatte er aber nicht. Dennoch mietete er schon mal ein Ladenlokal an… Das gab natürlich Scherereien, bis er irgendwie doch noch einen Kredit bekam, und somit einen Automaten, und nun läuft sein Laden schon seit Dezember 2003. Ende gut, alles gut. Wirklich? Das Happy End liest sich in dem Bericht der Mutmacher drei Jahre später so: „Obwohl das Geschäft allmählich (sic!) läuft, muss Harbort noch nebenbei in einer Galerie als Einrahmer arbeiten, um sich über Wasser zu halten. Aber die Hoffnung verliert er nicht: ‚Wer nicht kämpft, hat schon verloren!’

Hm, was hätte Flaubert gesagt? „Optimist ist ein anderes Wort für Dummkopf.“