Mit Kim im Kino
„Aufgrund der engen Terminlage“ konnte Dieter Kosslick meiner Interview-Anfrage leider nicht entsprechen. Schade. So gerne hätte ich mir vom Berlinale-Direktor, Bundesverdienstkreuzträger und ehemaligen Konkret-Redakteur erzählen lassen, wie es in Pjöngjang war. Erst vor kurzem ist der Mann zusammen mit einer deutschen Kulturarbeiter-Delegation aus Nordkorea zurückgekommen, wo er Deutschland beim Internationalen Filmfestival vertreten hat. Erfolgreich! Denn der Film „Napola – Elite für den Führer“ über eine nationalsozialistische Erziehungsanstalt erhielt den Preis als bester Film. Der Film (oder Napola?) scheint den Nordkoreanern gefallen zu haben. Spezialpreise gab es für „Das Wunder von Bern“ und „Sophie Scholl“. Das Motto des Filmfestivals lautete „Unabhängigkeit – Frieden – Freundschaft“. Ein paar Tage später ließ Nordkorea dann die Bombe platzen…
Es muss eine bizarre Reise gewesen sein. Nicht, dass Kim Jong-il keine Filme mögen würde. Im Gegenteil, er ist ein leidenschaftlicher Cineast, der rund 20.000 Filme in seiner privaten Videothek stehen haben soll. Für die nordkoreanische Filmproduktion lässt Kim Jong-il auch öfters mal ausländische Filmstars entführen - so wichtig ist ihm das Genre.
Daher hätte ich Kosslick gerne nach der Zukunft des nordkoreanischen Films gefragt, und überhaupt, wie die Delegation dort so behandelt wurde. Auch, was die angeblich bis zu 9.000 nordkoreanischen Zuschauer so gesagt haben, als sie die ausländischen Filme sahen, hätte mich interessiert. Denn normalerweise droht ihnen Gefängnis, wenn sie ausländische Filme schauen oder Musik aus dem Westen hören. Auch ihre Radios dürfen nur nordkoreanische Sender empfangen. Aber es gibt ja zum Glück eine ausgeprägte eigene Filmproduktion unter der Leitung des preisgekrönten Regisseurs (!) Kim Jong-il, so dass für die Freizeitgestaltung gesorgt ist…
Na jedenfalls kein Interview mit Kosslick, schade. So erfuhr ich nichts über die subversive Strategie des konstruktiven Kulturimperialismus der Berlinale-Macher. Dabei hätte ich auch einen Vorschlag gehabt. Statt Kim mit „Napola“ womöglich auf (weitere) falsche Gedanken zu bringen, hätte ich die Filmrollen mit „The Day After“, „Bond - Stirb an einem andren Tag“ oder „Team America“ einlegen lassen. Gut, das sind zwar keine deutschen Filme, aber vielleicht wäre für Kim „Der Untergang“ auch pädagogisch wertvoll gewesen…
Ach so, was gefährlicher als die nordkoreanische Atombombe ist und wer da „wirklich zündelt“, wollt Ihr wissen? Wer dabei naiver weise nicht an Israel denkt, kann sich ja hier aufklären lassen… (Der Wahnsinn wohnt nicht nur in Pjöngjang...)
2 Comments:
Da wollen wir doch mal hoffen, dass der liebe Herr Kosslick nicht am Ende auch seinen Dolmetscher erschiessen musste ;-)
Und jetzt alle gemeinsam: I'm soooo roooonery....
hmm, für andere hatte er zeit:
http://www.welt.de/data/2006/10/13/1068871.html
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