Notizen aus der Redaktion
Grade produzieren wir drei Nummern gleichzeitig. Die aktuelle Ausgabe, die kommende, die gut vorbereitet sein will, weil wir eine verkürzte Produktionswoche haben, und die Holland-Doppelnummer, die ebenfalls gut geplant sein will. Uff, sag ich da nur. Ich selbst sitze grade an einem Disko-Beitrag zur deutschen Bundeswehrbeteiligung, den ich erst mit der Überschrift „Okay Mullah, Mann gegen Mann“ versehen wollte – aber das war eine dumme Idee... Jetzt lautet sie „Sag mir wo du stehst“. Weil sich fast alle Nicht-Antiimp-Linken um die Debatte zu drücken scheinen, werde ich mal etwas Zunder nachlegen, und ein Plädoyer für die robuste Beteiligung der Bundeswehr mit Kampftruppen halten. Die Gegenposition kommt von Tjark Kunstreich, der erklärt, warum die Uno-Truppe zu einem internationalen Aufmarsch gegen Israel geraten könnte. Auch sehr nachdenkenswert! Ich glaube, es könnte eine spannende Sache werden.
Ansonsten haben wir u.a. ein sehr interessantes Interview mit dem israelischen Historiker Zeev Sternhell (Foto, im Verbrecher Verlag erschien übrigens sein Buch: "Faschistische Ideologie - Eine Einführung"). Sternhell spricht angesichts der israelischen Kriegsführung von einem „historisch beispiellosen Misserfolg“. Eine Beteiligung deutscher Soldaten an der Uno-Mission lehnt er ab: „Es gibt in Israel noch viele Erinnerungen, und wir sollten die Erinnerungen der Menschen respektieren, für die es schwierig wäre, deutsche Kampftruppen zu akzeptieren.“ Das ist natürlich ein Argument, das man auch meinem Beitrag entgegen halten kann…
Es gibt aber auch noch anderes als Nahost, klar. Rayk Wieland zieht ein erstes Resümee nach dem Start der Fußballbundesliga, Arian Fariborz stellt die iranische Blogger-Szene vor, Wolf-Dieter Vogel berichtet aus Mexiko, wo die Proteste wegen der mutmaßlichen Wahlfälschung immer stärker werden, Deniz Yücel sitzt grad an einer Rezension des neuen Lucky Luke Bandes… ach, und jede Menge mehr. Und hey, jetzt grade melden sich endlich auch die Autor/innen aus Kuba und Miami, die wir für unser Kuba-Titelthema haben wollten, aber nun ist es zu spät, jetzt ist der Schwerpunkt doch wieder Nahost. Müssen wir sie halt ein andermal irgendwo unterbringen. Ach, und ich hab noch ne kleine Feuilleton-Notiz zu Rio Reisers 10. Todestag geschrieben, die bekommt Ihr hier schon mal im voraus, für lau. Biddeschöööön:
Der Albtraum ist nicht ist aus
„Kult!“ Gibt es etwas Schlimmeres, das man über jemanden sagen könnte? Wohl kaum. Vor zehn Jahren, am 20. August 1996, starb Rio Reiser, wahrscheinlich der sympathischste Mensch, der jemals über diesen Globus gewandelt ist – manchmal sogar barfuß. Der einzige, bei dem der Hippie-Nonsens-Satz „Ich will ich sein“ Gehalt hatte. Es war vielleicht sein schlechtestes Lied, aber auch seine wichtigste Forderung. Doch aus seinem Wohnhaus in Fresenhagen wurde eine Pilgerstätte, noch der letzte Tonbandschnipsel, den seine „Erben“ gefunden haben, wird post mortem gnadenlos auf CD gepresst, dazu Bücher, Filme, Coverbands wie Sand am Meer… In Fresenhagen fand am vergangenen Wochenende ein „Fresenhagen-Festival“ statt, bei dem der „Rio Reiser Songpreis“ verliehen wurde. Aufhören, bitte! Nein, es gibt kein Erbarmen: Jetzt gibt’s auch das Ton-Steine-Scherben-Gesamtwerk inklusive: „Sechs unveröffentlichte Songs - über 30 rare Tracks - über 50 neu abgemischte Songs, viele Extras! - 72seitiges Box-Booklet - alle Cover neu - alle originalen Plakate - neue Plakate - Scherben-Star-Schnitt“.
Hey! Warum war Rio so groß? Weil er so klein war. Wer ihn groß macht, macht ihn klein. Ist das so schwer zu verstehen? Oder ist das diesen ganzen Zombies da draußen einfach egal?
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