Deutschland, Deutschland überall...
Endlich darf man wieder Schwarz-Rot-Gold hissen. Das hat man im Osten lange vermisst, für viele Wessis ist es gar IHR ERSTES MAL - und gleich wird eine Massenorgie draus.
Was ist neu an diesem Patriotismus? Deutschland feiert nicht mehr trotz, sondern wegen der Shoah. Das geläuterte Deutschland bekennt sich zu seiner Vergangenheit und darf gerade deshalb endlich mächtig auf die Pauke hauen.

In der am Mittwoch erscheinenden Ausgabe beschäftigt sich auch die Jungle World mit dem neuen Nationalgefühl, mit der hippen "Deutschland-Party" (Spiegel), bei der offenbar jede Menge Ecstasy im Spiel ist. Deniz Yücel beschreibt die Unterschiede zum Nationalrausch Anfang der 90er. Außerdem hat er sich in Berlin-Zehlendorf umgesehen und dort anders als in Kreuzberg kaum Deutschland-Fahnen entdeckt. Es sind, meint er, vor allem jene, die auf den Staat und dessen Aliminentierung angewiesen sind, die sich an seine Symbole klammern. Alex Feuerherdt erklärt, warum auch der renovierte Nationalismus höchst gefährlich ist, und wie sich Deutschland in der Weltpolitik auf Grundlage der eigenen Täter-Geschichte als Moralwächter aufspielt. Damit, so Feuerherdt, unterstützt Deutschland das Appeasement gegenüber Islamisten und Mullahs und fällt Israel in den Rücken. Markus Ströhlein hingegen meint, man kann gelassen bleiben, denn Nationalismus ist in einer Welt der globalisierten Wirtschaft ohnehin nur noch Folklore und die Sehnsucht nach der Volksgemeinschaft hängt in Deutschland nicht vom Hurra-Patriotismus und vom Fahnenschwenken ab. Florian Scheibe zerreißt mal eben das Deutschland-Buch von Matthias Matussek.

Eins ist sicher: Solange die WM läuft, geht das nationale Besäufnis weiter. Und auch die Debatte darum. Ist der ach so "unbeschwerte", geläuterte, oberflächliche aber massenhafte Patriotismus materiell wirklich gefährlicher, als der unterdrückte, unter der Oberfläche schlummernde, aber immer virulente Deutschnationalismus früherer Tage? Schön ist jedenfalls beides nicht. Selbst wenn der Nationalismus eines Tages zu einem "linken" Werte-Nationalismus werden würde, selbst wenn Schwarz-Rot-Gold eines Tages tatsächlich (im Osten: wieder) als Metapher für Frieden und Sozialismus gebraucht werden sollte, bleibt nicht nur die Erkenntnis, dass die realsozialistischen Kernkraftwerke auch nicht sicherer waren als die im Westen.
1 Comments:
Was mich an Euch Salonlöwen stört, ist, dass Ihr so gar keine Alternativen anzubieten habt. Außer Gemecker ist doch bei Euch nix drin, oder?
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