Donnerstag, September 06, 2007

Money makes the Mullah go around
Krieg mit dem Iran will ja keiner. Alternativen wie Wirtschaftssanktionen aber will auch keiner. Jedenfalls nicht in Deutschland. Im Gegenteil. Die deutsche Wirtschaft und die Regierung sehen jede Menge „Zukunftspotenzial“ im Iran. Wohl umso mehr, seitdem die USA ein weitgehendes Handelsembargo gegenüber dem Mullah-Regime verhängt haben. Da versprechen die Geschäfte, trotz kleiner Krisen, künftig nur noch besser zu blühen. Das als Appeasement zu bezeichnen, scheint mir eine schwere Verharmlosung…

Dazu im Folgenden Matthias Küntzel:

Am 18. September 2007 wird die Industrie- und Handelskammer in Darmstadt von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter dem Motto“ Iran - Marktchancen für deutsche Exporteure“ eine Veranstaltung durchführen, die offenkundig darauf abzielt, den ökonomischen Preis für die iranische Atombombe niedrig zu halten. Man will die auf Israels Zerstörung abzielende Politik des Regimes mit einer "positiver Sichtweise" nach dem Motto: "irgendwie geht es immer weiter" begleiten. Beide Zitate stammen aus dem Einladungstext, den das Bundeswirtschaftsministerium über seinen "iXPOS-Termin-Newsletter" an alle außenwirtschaftlich Interessierten verbreitet. Siehe hier

Zu den Rednern gehören Michael Gorges von der Firma "Iran Consulting" in Aachen. Sein Thema: "Der richtige Umgang mit iranischen Geschäftspartnern". Rechtsanwalt Dr. Harald Hohmann aus Büdingen wird Ratschläge zum Thema "Exportkontrolle Iran - Aktueller Stand" erteilen. Aus Teheran wird der dort ansässige Mitarbeiter der "Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai)", Dr. Rolf Weitowitz anreisen, um über "Erfolgsbranchen für die deutsche Wirtschaft" zu referieren. Der iranische Kollege Mahshid Daryabegi, seines Zeichens Finance & Business Consultant der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer zu Teheran, wird ihn begleiten, um über "Die Situation im Iran aus Sicht der deutschen Wirtschaft" zu sprechen. Die Leitung der Veranstaltung wird bei Dr. Uwe Vetterlein von der "Industrie-und Handelskammer Darmstandt Rhein Main Neckar" liegen.

Die heute vom Bundeswirtschaftsministerium verbreitete Einladung zu diesem Seminar spricht für sich. Hier ihr Wortlaut:

"Deutschland ist mit Abstand wichtigstes Lieferland für Iran. Nachdem die deutschen Lieferungen in den vergangenen Jahren zweistellige Zuwachsraten verzeichneten, 2005 mit einem Plus von 24 Prozent, entwickeln sich diese seit Beginn des Jahres 2006 wieder rückläufig. Die EU-Länder führten aus Iran zu über 80 Prozent Erdöl ein, bei den EU-Lieferungen dominierten mit einem Anteil von zwei Dritteln Maschinen und Fahrzeuge, gefolgt von Konsumgütern und Chemikalien mit jeweils zehn Prozent. Als Gründe für die Rückläufigkeit der Exporte werden vor allem Exportbeschränkungen, das internationale Umfeld sowie Kompetenzwirrwarr und schleppende Auftragsvergabe im Iran genannt. Andererseits haben viele deutsche Unternehmen Erfahrungen mit den Aufs und Abs im Irangeschäft und sehen dies derzeit noch unter dem Motto "Iran ist Krisen gewohnt - irgendwie geht es immer weiter". Das wirtschaftliche Zukunftspotenzial Irans rechtfertigt diese positive Sichtweise auf jeden Fall. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Hessen meets the Middle East and North Africa" der hessischen IHKs vom 17. - 28.09.2007 statt."

Diese Veranstaltung und das Motto, das die Bundesregierung ihr zugrundelegt ("Irgendwie geht es immer weiter. Das wirtschaftliche Zukunftspotenzial Irans rechtfertigt diese positive Sichtweise auf jeden Fall.") ist für alle Menschen, die die iranische Bombe und die Existenzbedrohung Israels zu verhindern suchen, eine Provokation. Sie schlägt zugleich all jenen Iranerinnen und Iranern ins Gesicht, die das Regime im In- und Ausland malträtiert oder mit Todesdrohungen verfolgt.

_____________________
Soweit Matthias Küntzel.
Nur fast ganz was andres: Smalltalk in der Jungle World mit dem Intendant des Theaters Osnabrück, deren Symphoniker in Teheran spielten. Hier lesen.