Neulich in der Rudi-Dutschke-Straße
Angeregt durch eine Disko in der Jungle World und einigen Blog-Hinweisen hier etwas zur SDS-Neugründnung. Auf der Achse des Guten und hier:
Der Muff von 40 Jahren
Rudi Dutschke ist inzwischen dermaßen tot, dass man sogar eine Straße nach ihm benannt hat. Mindestens so tot ist der SDS, der Sozialistische Deutsche Studentenbund - so dachte man. Doch seit dem vergangenen Wochenende ist der SDS wieder da. Neu gegründet als bundesweiter Hochschulverband der Linkspartei. Der offizielle Name lautet „Die Linke.SDS“, der Bezug auf das historische Vorbild war unbedingt gewollt, auch wenn die Abkürzung nun für „Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband“ steht. In Frankfurt am Main wurde der Verband am Samstag offiziell ins Leben (zurück)gerufen.
Eine beachtliche Liste prominenter Linker aus dem Wissenschaftsbetrieb hatte zuvor einen Aufruf zu dessen Gründung unterschrieben. Inwiefern sie sich dabei bewusst waren, im Grunde nur eine neue Gliederung der Linkspartei zu unterstützen, lässt sich nicht sagen. Aber auch der alte SDS war ja zunächst eine der SPD nahestehende Organisation und hat seine Unabhängigkeit erst mit der Zeit erlangt. Vielleicht erhoffen sich das auch die prominenten Unterstützer von dem neuen Projekt, aber in diesem Fall muss man ihnen wohl eine gewisse Blauäugigkeit unterstellen.
Aber wäre es wirklich besser, wenn sich der neue Hochschulverband am alten SDS orientierte? Wohl kaum. Weder deren von Protagonisten wie Dutschke und Bernd Rabehl protegierte nationale Ausrichtung noch ihre spätere antiamerikanische und antizionistische Prägung eignen sich wohl als Vorbild für eine linke Organisation – oder eben gerade doch, aber dann wäre es umso schlimmer. Die SDS-Parole von 1970: „Nieder mit dem chauvinistischen und rassistischen Staatsgebilde Israel!“ jedenfalls dürfte den Mitgliedern der an der Verbandsgründung in Frankfurt beteiligten trotzkistischen Polit-Sekte Linksruck vermutlich gefallen. Linksruck vertritt einen aggressiven Antizionismus, stellt das Existenzrecht Israels in Frage, bezeichnet den Terror von Hamas und Hizbollah als „rechtmäßigen Widerstand“ und fordert zu deren Unterstützung auf. Linksruck-Kader Christine Buchholz, die gerne stellvertretende Parteivorsitzende der bald fusionierenden Linkspartei werden möchte, forderte vor einer antiisraelischen Demonstration im vergangenen August in Berlin, die Hizbollah nicht weiter zu „dämonisieren“. Wie bei der gesamten PDS/Wasg-Verschmelzung mischt Linksruck auch beim neuen Linkspartei-SDS kräftig mit, zwei ihrer Kader sind in den Bundesvorstand gewählt worden, wie der Tagesspiegel berichtet.
Dass dabei die Sorgen um den antizionistischen Einfluss auf den neuen SDS nicht völlig unberechtigt sind, dürfte ein Vorfall zeigen, von dem auf linken Blogs berichtet wird. Demnach soll am Freitagabend im Anschluss an den ersten Teil der SDS-Gründungskonferenz in Frankfurt ein Linksruck-Mitglied auf der Straße andere Linke erst verbal attackiert haben u.a. mit den Worten „Ihr Zionistenschweine, ihr Zionistensäue, ihr seid Faschisten“ und sie dann auch körperlich angegriffen haben.
Sicherlich ist dies ein Einzelfall, der nichts über den neuen Hochschulverband aussagen muss. Schauen wir uns also lieber die ersten offiziellen Projekte des Linkspartei-SDS an. Gleich als Erstes erklärte man sich mit dem bolivarischen Prozess in Venezuela solidarisch und beschloss die Einrichtung eines Venezuela-Arbeitskreises. Ganz im Sinne der ehemaligen SDS-Aktivisten Bernard Mommer und Heinz Dieterich, die heute ideologische Berater von Ahmadinejads Antiimp-Freund Hugo Chávez, Staatspräsident Venezuelas, sind. So schließen sich die Kreise.
Dazu auch eine Pro & Contra-Disko in der aktuellen Jungle World.
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